Gut ausgebildete betriebliche Ersthelfer:innen sind nicht nur eine effektive Schutzmaßnahme für Unternehmen, sondern sind im betrieblichen Arbeitsschutz auch gesetzlich verbindlich zu benennen.
Abhängig von Betriebsgröße und Betriebsart, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass eine verbindliche Anzahl an Ersthelfer:innen in seinem Betrieb zur Verfügung steht. Hierdurch wird gewährleistet, dass bei einem Arbeitsunfall noch vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes Erste-Hilfe Maßnahmen eingeleitet und schwerwiegende Folgeschäden verhindert werden können.
Das Wichtigste in Kürze
✓ Ersthelfer:innen sind gesetzlich vorgeschrieben und erhöhen die Sicherheit im Betrieb. Sie leisten bei Unfällen sofortige Hilfe und verhindern schwere Folgen.
✓ Die Anzahl der Ersthelfer:innen hängt von Betriebsgröße und -art ab. In kleineren Betrieben reicht eine:r, bei größeren sind 5-10% der Mitarbeitenden erforderlich.
✓ Organisation und Schulung sind entscheidend. Ersthelfer:innen müssen regelmäßig geschult werden und gut ausgerüstet sein. Unternehmen tragen die Kosten und müssen sicherstellen, dass alle Vorgaben eingehalten werden.
Warum braucht man betriebliche Ersthelfer:innen?
Die Ausbildung betrieblicher Ersthelfer:innen ist eine wichtige Präventionsmaßnahme für Unternehmen, da diese bei Unfällen und medizinischen Notfällen schnell Erste Hilfe leisten können, bevor professionelle Rettungskräfte eintreffen. Denn vom Absetzen des Notrufs bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes vergehen durchschnittlich etwa 10 Minuten.
Bei akuten Verletzungen und Erkrankungen zählt jedoch jede Sekunde. Durch schnelles und korrektes Handeln können die Erste-Hilfe-Maßnahmen schwere Folgeschäden vermeiden.
Gut ausgebildete Ersthelfer:innen tragen auch zu einem verbesserten Sicherheitsgefühl bei, was wiederum die Zufriedenheit und Motivation der anderen Mitarbeiter:innen steigert. Sie fördern dadurch eine positive Unternehmenskultur, in der das Wohlergehen und die Sicherheit der Mitarbeiter:innen an erster Stelle stehen. Erfahren Sie hier mehr zur Mitarbeitermotivation.
Neben dem Nutzen für die Mitarbeiter:innen bietet die Ersthelfer-Ausbildung auch Vorteile für Unternehmen, denn das Nichtvorhandensein von Ersthelfer:innen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Neben der Erhöhung der Beitragssätze durch den Anstieg des betrieblichen Risikos, drohen den Geschäftsführenden auch Bußgelder in Höhe von bis zu 10.000 Euro.
Um die Sicherheit der Mitarbeiter:innen zu gewährleisten und im Notfall schnell Hilfe leisten zu können, gibt es gesetzliche Anforderungen, dass Unternehmen eine bestimmte Anzahl von Ersthelfer:innen aufweisen müssen. Durch die Ausbildung ihrer Mitarbeiter:innen zu Ersthelfer:innen können Unternehmen sicherstellen, dass sie dieser Verpflichtung nachkommen und ihre Mitarbeiter:innen bestmöglich schützen.
Wie viele Ersthelfer:innen werden in einem Betrieb benötigt?
In Deutschland gibt es gesetzliche Vorgaben, die bestimmen, wie viele Ersthelfer:innen in einem Unternehmen vorhanden sein müssen. Die Anzahl betrieblicher Ersthelfer:innen richtet sich dabei nach der Größe und Art des Betriebes, der Anzahl der Beschäftigten, sowie der Art und Schwere der Gefährdung bei der Arbeit, basierend auf der Gefährdungsbeurteilung.
Laut § 10 Arbeitsschutzgesetz müssen in Betrieben mit mehr als zwei Beschäftigten geeignete Maßnahmen zur Ersten Hilfe getroffen werden. In der DGUV Vorschrift 1 ist geregelt, wie viele Ersthelfer:innen in einem Unternehmen vorhanden sein müssen. Konkret sieht die Vorschrift vor, dass in Betrieben mit 2 bis 20 Beschäftigten mindestens ein:e Ersthelfer:in vorhanden sein muss.
Bei mehr als 20 Beschäftigten hängt die Anzahl betrieblicher Ersthelfer:innen dagegen von der Größe des Betriebes, der Unternehmensbranche sowie von den spezifischen Gefährdungen der betrieblichen Tätigkeiten ab:
Entsprechend der Mindestquote, welche durch den Gesetzgeber vorgegeben ist, müssen in Verwaltungs- und Handelsbetrieben bei mehr als 20 Mitarbeitenden 5% Ersthelfer:innen anwesend sein. In sonstigen Betrieben sind es dagegen 10%. Diese Mindestquote dient lediglich als Richtwert zur Orientierung. Der Unternehmer hat, ausgehend von der Gefährdungsbeurteilung, dafür zu sorgen, dass nicht nur im Idealfall, sondern immer (z.B. auch während Urlaubszeiten oder Krankheit) ausreichend Ersthelfer:innen anwesend sind. Eine bloße Erfüllung der Mindestquote ist deshalb nicht empfehlenswert.
Wie können Unternehmen eine effektive Ersthelfer:innen-Organisation aufbauen?
Eine effektive Ersthelfer:innen-Organisation im Unternehmen kann Leben retten und schwere gesundheitliche Folgen und Verletzungen minimieren. Um dies zu erreichen, sollten Unternehmen die folgenden Schritte befolgen:
Bedarf ermitteln: Unternehmen sollten eine Analyse durchführen, um den Bedarf an Ersthelfer:innen innerhalb ihres Betriebes zu ermitteln. Bei der Bedarfsermittlung sollten Unternehmen nicht nur die Anzahl der Ersthelfer:innen festlegen, sondern auch deren Standorte. Es ist wichtig, dass Ersthelfer:innen in verschiedenen Bereichen des Unternehmens gut erreichbar sind, um im Notfall schnell handeln zu können.
Auswahl der Kandidat:innen: Unternehmen sollten Personen auswählen, die freiwillig als Ersthelfer:innen arbeiten möchten und bereit sind, den Erste-Hilfe-Kurs zum Ersthelfer durchzuführen. Wichtig ist, dass diese Personen zuverlässig sind. Einige Mitarbeiter:innen könnten auch bereits über medizinische Vorkenntnisse oder Erfahrungen verfügen, die sie zu besonders geeigneten Kandidaten bzw. Kandidatinnen machen.
Daraufhin sollte in der Betriebsanweisung sowie in Notfall- und Evakuierungsplänen vermerkt werden, welche Ersthelfer:innen im Betrieb vorhanden sind und deren Telefonnummern hinterlegt werden. Diese Dokumente müssen den Mitarbeitern:innen kundgetan und an öffentlich zugänglichen, für alle Mitarbeiter:innen sichtbaren Stellen angebracht werden.
Schulung: Alle Ersthelfer:innen müssen eine Aus- und Fortbildung absolvieren, um sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, im Notfall wirksam zu handeln und Maßnahmen der Ersten Hilfe effektiv umzusetzen. Die Schulung sollte alle zwei Jahre in einem Erste-Hilfe-Kurs in 9 Unterrichtseinheiten aufgefrischt werden.
Ausrüstung: Unternehmen sollten sicherstellen, dass alle Ersthelfer:innen über die notwendige Ausrüstung verfügen, um im Notfall effektiv handeln zu können. Dazu gehören Verbandskästen, medizinische Geräte und sonstige Hilfsmittel, wie medizinische Handschuhe, eine Sauerstoff- und Beatmungsmaske oder ein automatisierter Defibrillator.
Ein gut ausgestatteter Erste-Hilfe-Kasten kann dazu beitragen, Verletzungen zu behandeln, bevor professionelle Hilfe eintrifft.
Je nach Art des Unternehmens und der Risikobewertung können auch spezifischere Ausrüstungsgegenstände erforderlich sein, wie z.B. Augenspülstationen, Rettungsdecken oder spezielle Medikamente.
Meldeeinrichtungen für den Notruf: Als Meldeeinrichtung für den Notruf kann eine Personen-Notsignal-Anlage (PNA) genutzt werden, damit die Ersthelfer:innen im Ernstfall umgehend alarmiert werden können.
Mithilfe einer sog. digitalen PNA wie CALIMA kann eine effektive Rettungskette kostengünstig und schnell über das handelsübliche Smartphone der Mitarbeiter:innen realisiert werden. Einen Überblick über die Funktionen und Vorteile können Sie sich hier verschaffen.
Regelmäßige Rettungs- und Evakuierungsübungen: Gemäß den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan") wird empfohlen, regelmäßig Rettungs- und Evakuierungsübungen durchzuführen. Diese Übungen sollen sicherstellen, dass alle Beschäftigten mit den Rettungsplänen vertraut sind und im Ernstfall richtig handeln können.
Die ASR A2.3 selbst gibt keine explizite Frequenz für diese Übungen vor, aber es wird allgemein als gute Praxis angesehen, sie mindestens einmal jährlich durchzuführen. Die Häufigkeit kann jedoch je nach Betrieb und dessen spezifischen Risiken und Anforderungen variieren.
Bewertung: Es ist wichtig, die Effektivität der Ersthelfer:innen-Organisation und der Rettungskette regelmäßig zu bewerten. Unternehmen sollten die gesetzlichen Vorgaben kontinuierlich überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen entsprechen.
Nach Notsituationen sollten eine gründliche Analyse und Dokumentation erfolgen, um zu überprüfen, wie gut die Ersthelfer:innen und die Rettungskette funktioniert haben. Auf dieser Basis können Verbesserungen und Anpassungen vorgenommen werden.
Wie wird man Ersthelfer:in?
Die Ausbildung zum Ersthelfer besteht aus einer Grundausbildung, auch Erste-Hilfe-Kurs genannt, und dauert 9 Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten. Hier werden grundlegende Kenntnisse vermittelt, die für fast alle Notfälle in Freizeit und Beruf erforderlich sind.
Die Kurse finden in der Regel beim Ausbildungsbetrieb statt, können aber bei ausreichender Teilnehmerzahl auch direkt im Betrieb durchgeführt werden. Nach Abschluss des Kurses erhält jede:r Teilnehmer:in eine Broschüre mit den Kursinhalten und eine Teilnahmebescheinigung.
Ersthelfer:innen sind in der Regel dazu verpflichtet, Erste-Hilfe-Fortbildungen zur Auffrischung zu absolvieren. Die Module des Ersten-Hilfe-Kurses zur Auffrischung umfassen ebenfalls 9 Unterrichtseinheiten und müssen spätestens alle zwei Jahre durchgeführt werden.
Wenn Sie Ersthelfer:in werden wollen, müssen Sie grundsätzlich mit keinen Kosten für den Lehrgang rechnen. Die Kosten für die Ausbildung zum Ersthelfer werden im Rahmen der Vorgaben der DGUV Vorschrift 1 vom zuständigen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft / Unfallkasse) übernommen.
Zusätzliche Kosten wie Lohnfortzahlung und Fahrtkosten trägt das Unternehmen. Auch wenn die Ausbildung am Wochenende stattfindet, wird diese als Arbeitszeit gewertet. Auf dieser Seite können Sie die Kontaktpersonen der verschiedenen Unfallversicherungsträger finden, um Informationen zur Übernahme der Kosten einzuholen.
Durch die Ausbildung und regelmäßige Fortbildungen können Ersthelfer:innen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem neuesten Stand halten, um im Ernstfall schnell und kompetent Erste Hilfe leisten zu können.
Wie sollten die Ersthelfer:innen im Notfall vorgehen?
1. Erkennen und Einschätzen von Notfallsituationen
Ersthelfer:innen sollten in der Lage sein, eine Notfallsituation schnell zu erkennen und zu bewerten, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können.
Zunächst sollten Ersthelfer:innen die Umgebung auf mögliche Gefahren oder Risiken überprüfen und dann versuchen, den Zustand der betroffenen Person einzuschätzen. Eine schnelle Überprüfung des Bewusstseinszustandes, der Atmung, des Pulses und anderer Körperfunktionen kann dabei helfen.
Ebenso ist es wichtig, die Art des Notfalls festzustellen, um die folgenden Schritte bzw. besondere Maßnahmen der Ersten Hilfe einleiten zu können. Handelt es sich beispielsweise um einen Herzinfarkt, sind andere Sofortmaßnahmen erforderlich als bei einem epileptischen Anfall oder einem Stromschlag. Wenn sie den Zustand einer Person einschätzen, sollten sie darauf achten, ob die Person atmet, einen Puls hat und Anzeichen von Bewusstlosigkeit zeigt. Sie sollten auch auf äußere Anzeichen von Verletzungen oder Erkrankungen achten.
Ersthelfer:innen sollten sich dennoch bei der Einschätzung der Situation bewusst sein, dass sie keine medizinische Ausbildung haben und es notwendig sein kann, professionelle Hilfe anzufordern, d.h. den Rettungsdienst zu verständigen und damit die Rettungskette in Gang zu setzen. Hier bei ist es wichtig, die 5-Fragen zu beantworten:
1. Wo ist das Ereignis?
2. Wer ruft an?
3. Was ist geschehen?
4. Wie viele Betroffene?
5. Warten auf Rückfragen!
2. Notfallmaßnahmen einleiten
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Ersthelfer:innen in Notfallsituationen ruhig und konzentriert bleiben und versuchen, so schnell wie möglich zu handeln, denn sie tragen die Verantwortung für die Erste Hilfe und die Einleitung der Rettungskette.
Die Rettungskette besteht aus verschiedenen Schritten, die im Notfall so schnell wie möglich eingeleitet werden sollten. Dazu gehören die Alarmierung der Rettungsdienste wie Polizei, Feuerwehr und Notarzt über die Notrufnummer 112 sowie die Absicherung der Unfallstelle, um weitere Unfälle zu verhindern.
Die Erste Hilfe umfasst alle Maßnahmen, die von medizinischen Laien durchgeführt werden können, um akute Verletzungen und Erkrankungen zu behandeln und so die Überlebenschancen der betroffenen Person zu erhöhen. Dies kann das Anwenden von lebensrettenden Maßnahmen wie der Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) oder der Anwendung eines Automatisierten Externen Defibrillators (AED) beinhalten. Weitere Maßnahmen können das Anlegen von Verbänden zur Blutstillung, das Hochlagern von Verletzten oder das Stillen von Blutungen sein.
Ersthelfer:innen sollten jedoch nur die Maßnahmen durchführen, für die sie ausgebildet und qualifiziert sind, und keine Handlungen ausführen, die außerhalb ihres Kenntnisbereichs liegen.
3. Dokumentation
Es ist wichtig, dass Ersthelfer:innen den Verlauf des Notfalls dokumentieren. Eine genaue und sachliche Dokumentation kann dabei helfen, den weiteren Verlauf des Notfalls zu verstehen und eventuelle Fragen zu klären. Durch eine präzise und vollständige Dokumentation können Ersthelfer:innen ebenso dazu beitragen, dass alle relevanten Informationen festgehalten werden, die zur weiteren Behandlung, Nachverfolgung oder rechtlichen Angelegenheiten erforderlich sind.
Eine gute Dokumentation ermöglicht es auch, den Verlauf des Notfalls besser zu verstehen, daraus zu lernen und gegebenenfalls Verbesserungen in der Erste-Hilfe-Organisation vorzunehmen.
Die Dokumentation sollte immer objektiv, genau und zeitnah erfolgen. Ersthelfer:innen sollten alle relevanten Informationen festhalten, einschließlich des Zeitpunkts der Notfallsituation, der eigenen Identität sowie der betroffenen Person. Wenn möglich, können auch Zeugen oder andere beteiligte Personen in die Dokumentation einbezogen werden.
Fazit
Die Ausbildung von Ersthelfer:innen am Arbeitsplatz ist eine unerlässliche Schutzmaßnahme, die zur Verbesserung der Sicherheit und des Wohlbefindens der Mitarbeiter:innen beiträgt. Gemäß den gesetzlichen Vorschriften müssen Unternehmen eine bestimmte Anzahl von Mitarbeiter:innen als Ersthelfer:innen ausbilden und ihnen regelmäßige Fortbildungen anbieten. Gut ausgebildete Ersthelfer:innen können Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten, bevor der Rettungsdienst eintrifft, und so schwerwiegende Folgen verhindern und Leben retten. Für die Arbeitssicherheit spielen sie demnach eine zentrale Rolle.