Unter dem Begriff Alleinarbeit versteht man gemäß der DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der Prävention“, Abs. 2.7 Arbeiten, die eine Person allein, außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen und unabhängig von der Dauer der Tätigkeit ausführt. Bei Alleinarbeit sind die Kontaktmöglichkeiten zu anderen Personen im Unternehmen eingeschränkt.
Einzelarbeitsplätze gibt es in verschiedenen Branchen. Häufig findet man diese bei automatisierten Abläufen in der Produktion, bei Reinigungs-, Wartungs- oder Kontrollarbeiten, sowie in Kraftwerken, Kläranlagen oder Deponien. Auch bei Kontrollgängen auf weitläufigen Anlagen oder in den Betriebsferien ist Alleinarbeit keine Seltenheit. Auch in der Gastronomie und im Einzelhandel gibt es Tätigkeiten, die von einer Person allein ausgeführt werden.
Alleinarbeit ist in vielen Situationen auch rechtlich erlaubt. Wenn eine Person allein arbeitet, müssen dennoch einige Vorschriften beachtet werden. So sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass bei einem Notfall unverzüglich Rettungskräfte alarmiert werden können und so rechtzeitig Hilfe eintrifft.
Das Wichtigste in Kürze
✓Alleinarbeit erfolgt außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass bei Notfällen schnell Hilfe verfügbar ist.
✓Arbeiten mit kritischer Gefährdung sind für Alleinarbeit verboten. Bei erhöhter Gefährdung kann das Verbot durch technische Maßnahmen aufgehoben werden.
✓Alleinarbeit birgt Risiken wie Isolation und Schwierigkeiten bei Notfällen. Technische Schutzmaßnahmen und Alarmpläne sind erforderlich, um die Sicherheit der Mitarbeitenden zu gewährleisten.
Gesetzliche Grundlagen
Wann ist Alleinarbeit verboten?
Gemäß § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ist die Gefährdungsbeurteilung der ausschlaggebende Faktor für die Zulassung von Alleinarbeit in einem Unternehmen. Dabei wird die jeweilige Tätigkeit einer der drei Gefährdungsstufen gering, erhöht oder kritisch zugeordnet.
Bei gefährlichen Arbeiten, die einer kritischen Gefährdung entsprechen, ist Alleinarbeit nicht zulässig. Die jeweilige Tätigkeit wird demnach gemäß der DGUV-Regel 112-139 von mindestens zwei Personen ausgeführt. Hierbei gibt es weder Ausnahmen, noch kann das Risiko durch organisatorische oder technische Maßnahmen reduziert werden.
Bei einer erhöhten Gefährdung ist Alleinarbeit prinzipiell verboten. Kann das Risiko jedoch durch technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen minimiert werden, so wird das Verbot aufgehoben. Dies erfolgt beispielsweise durch die Nutzung einer auf das Unternehmen abgestimmten Personen-Notsignal-Anlage (PNA).
Wer darf Alleinarbeit leisten?
Auch in Unternehmen, in denen es Einzelarbeitsplätze gibt und diese zulässig sind, muss beachtet werden, dass nicht jede:r Mitarbeiter:in gesetzlich die Erlaubnis hat, Alleinarbeit zu verrichten. So sind beispielsweise Jugendliche und schwangere Frauen von Alleinarbeit ausgeschlossen. Dasselbe gilt für Mitarbeitende mit chronischen oder psychischen Erkrankungen, beziehungsweise einem erhöhten Gesundheitsrisiko, aber auch Mitarbeiter:innen mit Verdacht auf Suchterkrankungen.
Typen von Alleinarbeit
Einzelarbeitsplätze können nach verschiedenen Faktoren unterschieden werden.
Ortsgebunden und ortsungebunden
Zunächst wird geklärt, ob es sich um einen ortsgebundenen oder ortsungebundenen Einzelarbeitsplatz handelt. Alleinarbeit ist an ortsungebundenen Einzelarbeitsplätzen besonders risikoreich, da sich an verschiedenen Orten ein Unfall ereignen kann und je nach verwendetem Notsignal-Gerät nicht immer eine exakte Ortung der Mitarbeitenden möglich ist. Erschwert wird hierbei insbesondere die Indoor-Ortung, wenn sich ein:e Mitarbeiter:in also im Inneren eines Gebäudes befindet.
Zeitlich begrenzt und unbegrenzt
Auch wenn die Definition von Alleinarbeit in der DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der Prävention“ die zeitliche Begrenzung dieser nicht berücksichtigt, spielt der Zeitfaktor für die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz eine Rolle. Unterschieden wird hierbei zwischen zeitweisen und dauerhaft eingerichteten Einzelarbeitsplätzen.
Unterschiedliche Gefährdungsstufen
Ebenso werden Alleinarbeitsplätze in verschiedene Gefährdungsgruppen eingeteilt. Diese ergeben sich aus der Arbeitsumgebung, sowie der Art der jeweiligen Tätigkeit.
Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr sind solche, bei denen besonders gefährliche Arbeiten verrichtet werden, wie beispielsweise Arbeiten mit Absturzgefahr, Umgang mit Gefahrstoffen, sowie Arbeiten an elektrischen Anlagen. Alleinarbeit ist hier nicht zulässig, wird das Risiko nicht durch technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen reduziert.
Die BGHM unterscheidet je nach Art der Gefährdung an dem jeweiligen EAP zwischen 11 Gefährdungsgruppen:
Gründe für Alleinarbeit
Obwohl Alleinarbeit zahlreiche Gefahren mit sich bringt, sind in Deutschland rund 8,5 Millionen Menschen an Einzelarbeitsplätzen tätig. Denn nicht nur in den Ferien, an Feiertagen oder im Not- und Bereitschaftsdienst sind Mitarbeiter:innen häufig auf sich alleine gestellt. Aber auch aufgrund von Krankheit oder Fachkräftemangel können bestimmte Aufgaben zeitweise von einer Person allein durchgeführt werden.
Alleinarbeit ist in einigen Branchen kaum zu vermeiden. So kann beispielsweise beim Verrichten von Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen nur eine Person tätig sein.
Manche Mitarbeiter:innen bevorzugen sogar die Alleinarbeit, da hier eine höhere Konzentration bei der Arbeit ohne Ablenkung durch andere Mitarbeiter:innen möglich ist. Ebenso kann so die Zeitplanung besser gestaltet werden und es wird effektiver gearbeitet.
Risiken bei Alleinarbeit
Wenn eine Person allein außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen Arbeiten ausführt, ergeben sich neben Kommunikations- und Kooperationsschwierigkeiten auch Probleme für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten.
Isolation und Einsamkeit
Mögliche Folgen sozialer Isolation am Arbeitsplatz sind psychische Störungen wie Stress, Angst, Überforderung und Einsamkeit. Diese können durch die Alleinarbeit entstehen, aber auch bestehende psychische Probleme verstärken. Dies ergibt sich insbesondere durch mangelnde Unterstützung bei außergewöhnlichen Ereignissen.
In bestimmten Arbeitssituationen, wie beispielsweise dem Nachtdienst in der Tankstelle, sind Alleinarbeiter:innen ohne die Anwesenheit von anderen Personen ebenso leichte Opfer für Einschüchterung, Aggression und Gewalt.
Schwierigkeiten bei Zusammenarbeit
Mitarbeiter:innen, die allein außerhalb von Ruf- und Sichtweite von anderen arbeiten, haben zudem nur begrenzte Möglichkeiten der Unterstützung durch die Vorgesetzten oder Kollegen und Kolleginnen. Durch den fehlenden Informationsaustausch kann es dazu kommen, dass bestimmte Aufgaben trotz Unwissen ausgeführt werden, obwohl sich dabei insbesondere bei der Arbeit an Maschinen schwere Unfälle ereignen können. Ebenso sind die Verantwortungsbereiche durch die begrenzte Zusammenarbeit nicht klar definiert.
Sicherheitsrisiken
Wenn eine Person allein, also außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen Arbeiten ausführt, ist diese in Notfallsituationen auf sich allein gestellt und hat niemanden, der schnell Erste Hilfe leisten und die Rettungskette auslösen könnte. Zwischen dem Vorfall und dem Eintreffen der Rettungskräfte geht so oft wertvolle Zeit verloren, da die Betroffenen in Notsituationen oft selbst nicht in der Lage sind, Hilfe herbeizurufen. Die Folgen dessen können gravierend sein, denn besonders bei Notfällen mit Beeinträchtigung lebenswichtiger Körperfunktionen wie der Atmung und dem Kreislauf sind frühzeitige Erste-Hilfe-Maßnahmen unerlässlich.
Anforderungen an Arbeitgeber
Um auch bei Alleinarbeit den Arbeitsschutz der Mitarbeitenden zu gewährleisten, muss der Arbeitgeber gemäß der DGUV Regel 100-001 über die allgemeinen Schutzmaßnahmen hinaus für geeignete technische oder organisatorische Personenschutzmaßnahmen sorgen.
Handelt es sich um Tätigkeiten mit geringer Gefährdung, so reichen Kontrollgänge in festgelegten Abständen oder zeitlich vereinbarte Kontrollanrufe aus. Bei geringer oder erhöhter Gefährdung kann ein Totmannschalter mit Druckschalter genutzt werden. Hierbei wird in bestimmten Zeitabständen ein Schalter betätigt, um zu bestätigen, dass die alleinarbeitende Person anwesend und handlungsfähig ist.
Der Nachteil von willensabhängigen Systemen zur Notfallmeldung ist, dass diese nur aktiviert werden können, wenn der oder die Mitarbeiter:in sie manuell auslöst. Ist die betroffene Person nicht mehr bei Bewusstsein, kann der Alarm nur durch willensunabhängige Alarmsysteme ausgelöst werden. Dabei wird ein Notsignal automatisch nach einer bestimmten Zeitspanne (Zeit-Alarm), einem bestimmten Neigungswinkel (Lage-Alarm), Bewegungslosigkeit (Ruhealarm) oder durch anderweitige automatische Alarmfunktionen ausgelöst.
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In jedem Unternehmen muss ein entsprechender Alarmplan vorliegen, damit im Notfall frühzeitig die Rettungskette ausgelöst werden kann und diese ohne Komplikationen verläuft. Nur so können schwere Verletzungen oder gar tödliche Unfälle vermieden werden.
Fazit
An Einzelarbeitsplätzen arbeiten Mitarbeiter:innen außerhalb der Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen und sind so besonders bei gefährlichen Arbeiten zahlreichen Risiken ausgesetzt. Im Notfall sind sie auf sich allein gestellt, denn niemand ist vor Ort, um frühzeitig die Rettungskette auszulösen. Besonders gefährlich wird es dann, wenn die Betroffenen nicht mehr selbst dazu in der Lage sind, Hilfe anzufordern.
Ebenso kann die soziale Isolation am Arbeitsplatz Auslöser für psychische Probleme sein. Alleinarbeit ist in vielen Branchen ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags, erfordert jedoch einen besonderen Schutz der Mitarbeiter:innen. Handelt es sich um eine erhöhte Gefährdung, so ist die Anschaffung einer Personen-Notsignal-Anlage erforderlich. Bei einer kritischen Gefährdung ist Alleinarbeit nicht zulässig.